HANS-CHRISTIAN SCHINK
Himmel und Erde
Autobahnbrücken, die im Nichts enden, massive Betonpfeiler und Tunnelhöhlen die Teil einer Landschaft werden – Der Fotograf Hans-Christian Schink (* 1961 in Erfurt) dokumentierte mit der Serie „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ Eingriffe in die Natur, die im Zuge des „Aufbaus Ost“ vorgenommen wurden. Sieben Jahre lang beobachtete Schink den Wandel der Kulturlandschaften seiner ostdeutschen Heimat und hielt diesen mit der Kamera fest. Er fotografierte Eisenbahntrassen, Brücken, Rastplätze und Lärmschutzwände. Immer ist auf diesen Bilder spürbar: Hier geht es nicht mehr weiter. Die Verkehrsprojekte, so wie Schink sie darstellt, zeugen eben nicht von einer neuen, verbesserten Infrastruktur zwischen Ost und West, sondern verdeutlichen ihr Scheitern. In seiner Welt aus karger Natur und Beton gibt es keine Menschen, nicht mal ein Auto oder Zug. Auch der Himmel ist ohne Wolken, grau und leer. Und dennoch werden auf manchen Bildern Bezüge zur Landschaftsmalerei der Romantik deutlich.
Neben dieser sehr bekannten Reihe, die u.a. 2004 im Berliner Martin-Gropius-Bau gezeigt wurde, zeigt das PaK Glückstadt weitere serielle Arbeiten, die Schink im Verlauf von über einem Jahrzehnt schuf. Darunter auch „LA.Night“ aus dem Jahre 2002/03. Auf empfindlichem Kleinbildfilm fotografierte der Erfurter die Stadt Los Angeles bei Nacht. Durch die extreme Vergrößerung abstrahieren sich die Straßen, Häuser und Lichter zu groben Bildpunkten, die die Werke wie pointillistische Gemälde wirken lassen. Besonders spektakulär ist die preisgekrönte Serie „1h“ (2002-2010). Inspiriert von dem Foto „Black Sun“ des Amerikaners Minor White aus dem Jahr 1955, fotografierte Schink die Sonne an verschiedenen Orten, in Städten, Wüsten, am Meer und im Gebirge. Die Belichtungszeit betrug – wie der Titel der Serie verrät – immer eine Stunde. Durch diese lange Belichtungsdauer und die enorme Lichtintensität kommt es zu einem Fotophänomen, der so genannten Solarisation, die nur in der analogen Fotografie vorkommt. Durch diesen Effekt werden extrem helle Partien eines Fotos, wie hier die Sonne, im Negativ zunächst heller und im Positiv dann dunkler erscheinen als die Umgebung.
Auf Schinks Bildern sieht man einen schwarzen Sonnenbalken mit strahlender Korona, der, unwirklich und bedrohlich, den Himmel durchschneidet. Eine unheilvolle, surrealistische Stimmung geht von diesen kraftvollen Arbeiten aus.
Die Serie „1h“ vereint alles wofür sich der Fotograf Schink, der an der renommierten Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig (HGB) studierte, interessiert: Naturphänomene und spezielles, stimmungsvolles Licht, sowie die Reflektion über fotografische Abbildbarkeit der Wirklichkeit.
Eröffnung: Sonntag, 21. August 2011, 11.30 Uhr
Begrüßung: Jan Wallraf, 1. Vorsitzender PaK
Einführung: Christiane Gehner, ehem. Fotochefin STERN, Geo, Der Spiegel
Rahmenprogramm:
Vortrag: „Zeitgenössische Fotografie als Kunst“ Prof. Dr. Wolfgang Kemp,
So., 25. 9., um 19.30 Uhr
Kurzfilmabend #17: Fr. 14.10., um 19.30 Uhr
21. August – 16. Oktober 2011