raum_bild

David Adam, Lens Liebchen, Adrian Sauer
INNENRÄUME
Marcus Höhn, Thorsten Schimmel
INNERE ANGELEGENHEITEN
Dirk Reinartz

Mit der Gruppenausstellung „raum_bild“ / „Architektur“ / „Innere Angelegenheiten“ legt das Palais für aktuelle Kunst den Fokus zum wiederholten Mal auf das Medium Photographie. Raumbilder sind in der freien Photographie seit den achtziger Jahren so aktuell wie kaum zuvor. Die Ausstellung setzt sich aus mehreren Einzelpositionen zusammen, die das Innen und Außen unserer Kulturräume charakterisieren. Was die unterschiedlichen Positionen dieser Auswahl eint, ist die Stille im Bild.

In „raum_bild“ visualisieren die drei jungen Berliner Photographen David Adam, Jens Liebchen und Adrian Sauer subjektive Außen- und Innenwelten. Aus konkreten Orten werden Neukonstruktionen und Neudefinitionen des Räumlichen jenseits traditioneller Dokumentation. Adam ist mit zwei Bildserien vertreten, einer kleinformatigen Sequenz aus der ehemaligen Haftanstalt Bautzen, die heute als Gedenkstätte mahnt und mit einer installativen Arbeit, dem sogenannten „Belohnungsraum“. Liebchen zeigt neben einem Videofilm, der die Fahrt vom Moskauer Flughafen Sheremetyevo zum Kreml zeigt, eine klassisch anmutende, metaphorische Reportage über das am Kreml gelegene Hotel Rossija. Sauer schließlich generiert, ausgehend von eigenen analogen Aufnahmen, digitale Bildmuster, die auf die dargestellten, entkontextualisierten Fenster, Regale oder Heizkörper in seinen bühnenbildartigen Szenerien nur verweisen. „raum_bild“ ist eine Übernahme vom Neuen Berliner Kunstverein, wo die Ausstellung im Sommer 2003 gezeigt wurde.

Der Schleswiger Photograph Thorsten Schimmel zeigt mit seiner Werkgruppe „Silentium“ in stets axialer Symmetrie öffentliche wie offizielle Innenräume, sei es ein Jagdsaal eines ostdeutschen Schlosses, ein Schwimmbad in Kiel oder ein Gefängnis in Irland. Für seine schwarz-weißen, unbelebten Interieurs verwendet er eine Großbildkamera. Der Berliner Photograph Marcus Höhn zeigt die farbigen Muster und Oberflächen der Siebziger-Jahre-Architektur, mal streng symmetrisch, meist leicht schräg. So übersetzt er Jahrzehnte alte visuelle Phänomene in heutige Bilder, in stille Bilder verlassener Orte. In seiner Werkgruppe „normannenstraße“ zeigt Höhn beispielsweise den trotzlosen Mief der ehemaligen Stasi-Schaltzentrale in Berlin-Lichtenberg.

Dirk Reinartz, der als Professor an der Kieler Muthesius-Kunsthochschule lehrt, zeigt schließlich in seinem groß angelegten Deutschlandprojekt ebenfalls das Außen architektonischer Formen: nach „Kein schöner Land“, „Totenstill“ oder „Deutschland durch die Bank“ präsentieren wir nun – als Übernahme vom Martin-Gropius-Bau – seine (erstmals) farbigen „Inneren Angelegenheiten“. Der Betrachter wird konfrontiert mit wohlkalkulierten Schnappschüssen eines ständig Umherreisenden: es sind die trostlosen Ecken in der Nähe von Neubausiedlungen in Totale oder Nahansicht, die wir als Passanten gerne und geflissentlich übersehen. Reinartz’ distanzierter und schonungsloser Blick in das Hinterzimmer unserer heutigen Wohnwelten wird zu einem bildhaften Kommentar zur Lage der Nation, nüchtern gesellschaftskritisch.

Die Ausstellung wird unterstützt durch die Sparkasse Westholstein. Begleitend sind folgende Publikationen erschienen bzw. liegen vor: „raum_bild“ (hrsg. v. Neuer Berliner Kunstverein, Preis 10 EUR), Thorsten Schimmel (Katalogheft in der Reihe Ars Borealis, Schutzgebühr 6 EUR), Marcus Höhn, „photographie“ (10 EUR) sowie Dirk Reinartz, „Innere Angelegenheiten“ (Hatje/Cantz, 39,80 EUR). Bildmaterial und weitere Informationen zur Ausstellung erhalten Sie auf Anfrage vom Leiter des Palais für aktuelle Kunst in Glückstadt, Dr. Matthias Harder.

Fotografie, 18.01.-29.02.2004

In Zusammenarbeit mit dem Neuen Berliner Kunstverein, dem Martin-Gropius-Bau Berlin, der Sparkassenstiftung Schlewig-Holstein.
Mit freundlicher Unterstützung der Sparkasse West-Holstein